Namen von Pferd und Besitzerin aus Datenschutzgründen abgeändert.
Die Bilder in diesem Artikel wurden mir freundlicherweise von der Besitzerin des Pferdes zur Verfügung gestellt und sind urheberrechtlich geschützt!
Anfang des Jahres 2018 ist mir ein sehr interessanter Fall begegnet, der nur zu gut beweist, dass man sich auf Blutanalysen allein und die Fütterung eines Standard-Mineralfutters nicht verlassen kann.
Coco ist ein 11-jähriger Araber-Wallach, der zuvor „nur“ durch chronisches Kotwasser aufgefallen ist. Seine Besitzerin Nadine ist eine sehr engagierte Person und greift nach jedem Strohhalm, um sein Kotwasser in den Griff zu bekommen. Bisher nur leider ohne dauerhaften Erfolg.
Ende 2017 bekam Coco dann auch noch rosa Flecken um die Augen, auch als Kupferbrille bekannt.
Eine Blutanalyse wurde erstellt. Anhand des Blutbildes wurde ein Mangan-Mangel diagnostiziert, sowie ein Zink- und Selenmangel. Der Kupferwert war vollkommen in Ordnung. Glücklicherweise gab sich Nadine mit dieser Diagnose nicht zufrieden. Denn eigentlich war Coco mit dem Mineralfutter zumindest theoretisch gut mit Mangan, Zink und Selen versorgt. Sie postete Cocos Problem in einer Facebook-Gruppe, in der ich auch ab und zu mal schaue. Viele versuchten zu helfen und posteten unter anderem auch einen Artikel, der beschreibt, dass eine Kupferbrille nicht unbedingt etwas mit einem Kupfermangel zu tun hat, sondern ein Hinweis auf einen Manganmangel sein soll. Dies deckte sich mit dem Blutbild. Glücklicherweise erwähnte Nadine in den Kommentaren auch, welches Mineralfutter sie ihrem Pferd gibt. Das ließ mich dann stutzig werden. Denn die Zusammensetzung des Mineralfutters passte so gar nicht zum Blutbild von Coco.
Aus rechtlichen Gründen können weder Produktname noch Hersteller genannt werden.
Hier ein Auszug aus der Zusammensetzung:
zugesetztes Spurenelement |
pro kg |
Tagesbedarf für ein 500kg schweres Pferd |
Manganoxid |
500mg |
½ Tagesbedarf |
Manganchelat |
1500mg |
|
Zinksulfat |
2000mg |
1,5facher Tagesbedarf |
Zinkchelat |
4000mg |
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Kupfersulfat |
300mg |
Ca. 1,2facher Tagesbedarf |
Kupferchelat |
900mg |
|
Natriumselenit |
6mg |
Ca. 1,2facher Tagesbedarf |
Selenhefe |
6mg |
Mit einer Fütterungsempfehlung von 25g pro 100kg Körpergewicht (entspricht 100g für Coco) wäre er zumindest theoretisch mit diesem Mineralfutter mehr als gut versorgt gewesen! Denn, was im Heu und anderen Futtermitteln enthalten ist, wird bei Standard-Mineralfuttern vollkommen außer Acht gelassen.
Erfreulicherweise ist Nadine jemand mit dem man reden kann und ich habe ihr erklärt, dass das Blutbild so gar nicht zur Fütterungssituation passt und sie solle bitte eine Heuanalyse erstellen lassen.
Die Heuanalyse ergab folgendes:
Mineralstoff/Spurenelement |
pro kg Heu (Frischmasse) |
Deckung des Tagesbedarfs eines 500kg schweren Pferdes bei 10kg aufgenommener Heumenge |
Calcium |
4g |
2,3facher Tagesbedarf |
Phosphor |
1,2g |
1facher Tagesbedarf |
Magnesium |
1,5g |
2,7facher Tagesbedarf |
Kalium |
18g |
12,3facher Tagesbedarf |
Natrium |
0,15g |
0,5facher Tagesbedarf |
Eisen |
315mg |
7,5facher Tagesbedarf |
Mangan |
140mg |
3,3facher Tagesbedarf |
Zink |
24mg |
0,6facher Tagesbedarf |
Kupfer |
6mg |
0,6facher Tagesbedarf |
Selen |
Wurde leider nicht analysiert. |
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Nadine setzte auf meine Empfehlung hin das Mineralfutter ab und ergänzte anhand der Heuanalyse die fehlenden Spurenelemente Zink und Kupfer mit SOLO Zink und SOLO Kupfer. Da leider kein Selen analysiert worden ist und wir einem Mangel vorbeugen wollten, bekommt Coco zusätzlich Selen mit SOLO Selen.
Das fehlende Natrium wird durch einen Salzleckstein ergänzt.
Kurze Zeit später war die Kupferbrille fast verschwunden.
Wie man sehr schön erkennen kann, handelte es sich bei Coco tatsächlich um einen Kupfermangel und nicht um einen Manganmangel wie im Blutbild ersichtlich war. Ebenfalls irreführend ist der niedrige Zink- und Selenspiegel im Blut. Denn mit dem Mineralfutter hätte dies nicht passieren dürfen. Warum die Inhaltsstoffe des Mineralfutters offensichtlich nicht in Cocos Organismus angekommen sind, bleibt derzeit noch offen. Ich kann hier nur mutmaßen und unterstellen, dass die Qualität der zugesetzten Spurenelemente nicht gut war. Denn sowohl bei Oxid-Verbindungen als auch bei Chelat-Verbindungen gibt es erhebliche Qualitätsunterschiede. Weiterhin sind Wechselwirkungen der Inhaltsstoffe des Mineralfutters untereinander bzw. der Inhaltsstoffe des Mineralfutters mit den Elementen des Heus nicht auszuschließen.
Anfangs vermutete ich auch einen Zusammenhang zwischen dem Kotwasser und der Mangelzustände, da Kotwasser auf eine Entzündung im Darm zurück zu führen ist und entzündetes Darmgewebe Nährstoffe schlechter aufnehmen kann. Dies scheint aber nicht der Fall zu sein, da er das SOLO Kupfer angepasst an die Heuanalyse gefüttert bekommt, also nicht überdosiert! und er dieses offensichtlich sehr gut verwertet.
Fazit:
Blutanalysen sind wichtig und richtig zur Kontrolle, sowie auch als diagnostische Maßnahme. Trotzdem sollte man in Sachen Fütterung alle Möglichkeiten ausschöpfen, zusätzlich eine Heuanalyse erstellen lassen und sich von kompetenten Futterexperten/innen beraten lassen.
Hier geht´s zum Artikel: Blutanalysen vs. Heuanalysen - den Versorgungsstatus sicher feststellen